„Frag hundert Katholiken was das Wichtigste ist in der Kirche. Sie werden antworten: Die Messe. Frag hundert Katholiken was das Wichtigste ist in der Messe. Sie werden antworten: Die Wandlung. Sag hundert Katholiken, dass das Wichtigste in der Kirche die Wandlung ist. Sie werden empört sein: Nein, alles soll bleiben wie es ist!“
Dieser Text des Theologen und Schriftstellers Lothar Zenetti begleitet mich schon lange – und er enthält eine entlarvende Wahrheit.
„Sag hundert Katholiken, dass das Wichtigste in der Kirche die Wandlung ist. Sie werden empört sein: Nein, alles soll so bleiben wie es ist!“
Was aber tun wir dann, wenn wir gerade heute, bei der Feier des Letzten Abendmahles – und dann tagtäglich wieder – auf unseren Altären die „Wandlung“ feiern?
Wenn wir dem Johannesevangelium glauben, das uns eben verkündet wurde, dann die „Wandlung“ die wir hier an den Gaben von Brot und Wein feiern und erleben weit mehr, als nur ein magischer Vorgang. Wenn ich nur mit dem Mund bekenne, dass Brot und Wein zu Leib und Blut Jesu werden, so wie ich es einst in der Schule auswendig gelernt habe, dann ist das zu wenig.
Das Johannesevangelium zeigt mir, dass ich diese Wandlung nicht wirklich feiern oder mitfeiern kann, wenn nicht auch ich selber mit meinem ganz persönlichen Leben teil dieses geistlichen Wandlungsprozesses werde.
Dabei war im Evangelium aber gar nicht vom Brot und vom Wein und von deren Wandlung die Rede. Es hieß nur lapidar: „Es fand ein Mahl statt.“ Und genau das ist der springende Punkt!
Für die Gemeinde, für die Johannes sein Evangelium schreibt, ist das „Herrenmahl“ mit Jesu Einsetzungsworten über Brot und Wein längst gute Gewohnheit. Das muss der Evangelist nicht mehr eigens erklären.
Vielleicht ging es der Johannesgemeinde sogar so, wie manchmal auch uns heute. Vielleicht war die Wandlung von Brot und Wein schon so etwas vertrautes und alltägliches, dass man diese Wandlung zwar feierte, aber nicht mehr wirklich im innersten davon berührt und erschüttert war.
Daher fügt Johannes bei der Erzählung vom letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern genau an der Stelle, an der in den anderen, den früher geschriebenen Evangelien Jesu Worte über Brot und Wein kommen, den Bericht über die Fußwaschung ein.
Damit veranschaulicht Johannes, was die Wandlung von Brot und Wein wirklich bedeuten kann und bewirken soll: ICH selber muss immer wieder neu Teil dieser geistlichen Wandlung werden. Wenn ich wirklich im Tiefsten glaube, dass mir Jesus selber unter den Gestalten von Brot und Wein begegnet, dann muss auch ich mich mit meinem ganzen Leben von ihm ergreifen und wandeln lassen!
„Sag hundert Katholiken, dass das Wichtigste in der Kirche die Wandlung ist. Sie werden empört sein: Nein, alles soll so bleiben wie es ist!“
Das Johannesevangelium stößt mich geradezu mit der Nase darauf: Wenn ich die Wandlung von Brot und Wein würdig und wirklich feiern und mitfeiern will, dann muss ich selber mich im Sinne Jesu verwandeln lassen. Und welche Wandlung er immer und immer wieder von mir fordert, das macht er überdeutlich bei der Fußwaschung: „Ich habe euch ein Zeichen gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe…“
Meine Lieben,
wenn ich das ernst nehme, kann ich nie mehr gedankenlos sagen „Alles soll so bleiben wie es ist. Es war schon immer so. Es war bei uns noch nie anders…“
Wenn wir als Gemeinde Jesu – heute und immer wieder – die Wandlung feiern und an uns selber zulassen wollen, müssen wir uns auch täglich neu den Herausforderungen und Zumutungen unserer Zeit stellen, denn es sind die Herausforderungen und Zumutungen Jesu.
Die Umbrüche und die Erfahrungen mit dem neuen großen Pfarrverband in den letzten vier Jahren waren – weiß Gott – nicht immer leicht, auch nicht für mich als Pfarrer. Aber nach und nach spüre ich, wie wir nicht mehr allein bei der Frage nach Gottesdienstzeiten und äußeren Abläufen stehenbleiben, sondern lernen, tiefer zu blicken und mit den Umständen auch uns selber wandeln zu lassen.
Ich merke, wie ein Miteinander der vier Gemeinden entsteht und spüre langsam, wie über Pfarreigrenzen hinweg zaghaft aber doch auch immer mehr eine Suche nach wirklicher Spiritualität entsteht: Die Exerzitien im Alltag, das Gesungene Abendlob, die gestaltete Anbetung, die Vespern an Festtagen, die Fastenwanderungen und andere geistliche Angebote, aber auch die Sorge um die großen Fragen unserer Zeit, die Sorgen um Flüchtlinge und Migranten, um Begleitung in Krankheit und Tod und andere Fragen mehr verbinden hier Menschen über Pfarreigrenzen hinweg.
Hier wird spürbar, dass wir nicht nur äußerlich die Wandlung auf dem Altar feiern, sondern dass wir immer mehr versuchen geistlich Anteil zu nehmen an dieser existentiellen Wandlung.
Die Fußwaschung, die wir jetzt feiern, zeigt mir, wie ich selbst im Sinne Jesu immer mehr wandeln soll. Ilse Pauls sagt es so:
Fußwaschung ist:
Berührung mit Händen
Begegnung mit Blicken
Zuwendung der Liebe
Dienst am anderen
Zeichen der Verbundenheit
Sich klein machen
ein Beispiel geben.
Amen.