Predigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis 2016 – Lesejahr CMeine Lieben,
au weh, Jesus ist beleidigt! – Was rein menschlich gesehen ja verständlich sein mag, hätte ich doch von ihm so nicht erwartet. Er ist offensichtlich beleidigt und enttäuscht, weil von den zehn geheilten nur ein einziger zurückgekommen ist, um sich bei ihm zu bedanken. Er versucht diese Enttäuschung zwar zu verbergen, indem er von der mangelnden Ehrung Gottes spricht, aber damit ist er eigentlich nicht ganz korrekt und gerecht. Jesus hat die Männer ja selbst zu den Priestern geschickt. Die müssen sie, nach dem Gesetz des Mose, erst für „rein“ erklären, damit sie wieder in die Gesellschaft zurück kehren können. Und wenn die Priester das tun, müssen die Geheilten dann im Tempel ihr Opfer vor Gott darbringen – zumindest die neun, die Juden waren. Der Samariter kann dies nicht. Ihm als „Heiden“ ist das Opfer im Tempel verwehrt. Darum kehrt er zu Jesus zurück und dankt ihm.
Ich erinnere mich an Einkehrtage mit einer 12. Gymnasialklasse, so ziemlich am Beginn meines Studiums. Zweieinhalb Tage lang haben wir in Gesprächen und auch ganz spielerisch Themen des Lebens und des Glaubens behandelt. Die beiden Nächte waren in dem Jugendhaus kräftezehrend kurz. So schön es war, so froh war ich auch, als alle dann wieder in den Bus gestiegen sind. Eine von den gut 25 Schülern aber kam auf mich zu. Sie nahm mich fest bei der Hand, schaute mir in die Augen uns sagte einfach nur „Danke!“. Dann verschwand auch sie im Bus. So müde ich damals auch war, es war ein einfach großartiges Gefühl! Alleine dadurch hatten sich die kräftezehrende Tage für mich schon mehr als gelohnt.
Auch zu Jesus kommt nur einer zurück. Aber rein prozentual betrachtet ist das eine wesentlich bessere Quote, als bei meiner Schulklasse damals. Warum freut er sich nicht einfach darüber? Ich glaube, es geht Jesus doch noch um mehr, als nur die vermeintlich gekränkte Eitelkeit. Von den zehn Männern laufen neun einfach nur in den Tempel. Dort, im heiligen Raum, haben sie Gott gedankt, die Vorschrift erfüllt. Das ist ein ritualisierter und abstrakter Dank, fast so, also würde man einem kleinen Kind eintrichtern „Vergiss bloß nicht, auch schön Danke zu sagen!“. Dieser ritualisierte Dank läuft dann Gefahr, dass er nur noch zum Lippenbekenntnis verkommt. Man tut es halt, weil es sich so gehört.
Meine Lieben,
zum Zehnten, zum Samariter, zum Fremden, der nicht zum eigenen Volk gehört, sagt Jesus ganz persönlich: „Dein Glaube hat dir geholfen.“ Das ist das Wesentliche. GLAUBE bedeutet für Jesus immer „Vertrauen“ und „Beziehung“. Dafür aber reichen abstrakte Rituale alleine nicht aus. Glauben, das ist für Jesus, ein tiefes Vertrauen zu Gott, eine echte, persönliche und lebendige Beziehung. Und Jesus geht noch weiter: Wer diesen Glauben, wer diese Beziehung lebt, der soll das nicht nur im Tempel, nicht nur in der Kirche, nicht nur im stillen Kämmerlein tun. Gottvertrauen und Gottesbeziehung soll und muss sich für Jesus immer auch ausdrücken im täglichen Leben, im vertrauensvollen Umgang, in den guten Beziehungen zwischen den Menschen.
Das Wunder der Heilung ist hier gar nicht das Wichtigste. Bedeutungsvoll ist in Jesu Augen die sehr persönliche und vertrauensvolle Beziehung, die hier entsteht. Die Hilfe, die Jesus bewirkt, schafft eine tiefe, dankbare, menschliche Beziehung. Diese Beziehung ist das Wesentliche, weil sie weit über diesen Tag hinaus das Leben des Geheilten prägen und tragen wird. Vielleicht möchte uns Jesus bis heute sagen: Der beste Dank an Gott ist der Dank ist gelebter Glaube, ist echtes Gottvertrauen. Daraus wächst das Gefühl, dass alle Menschen Schwestern und Brüder sind. Das lässt mich anderen das Gute weitergeben und bezeugen, das ich selber erfahren habe.
Wenn du Gutes erfährst, dann danke nicht nur Gott in einer stillen Stunde. Danke auch dem Menschen, durch den Gott dir dieses Gute schenkt. Schenk deine Freude weiter. Dann kann sich auch heute noch das wirklich größte Wunder ereignen:
Liebevolle Gemeinschaft mit IHM und untereinander.
Amen.
(Text:Witti/Foto: Wastl 2013)