Aschermittwoch: Die Freiheit nehm ich mir!

Predigt zum Aschermittwoch 2015 (Pfr. Michael Witti)

AschenkreuzMeine Lieben,

„Die Freiheit nehm ich mir!“ – So lautet der Werbeslogan einer Kreditkarte. „Die Freiheit nehm ich mir!“ – Was für Bilder kommen Ihnen bei diesem Satz in den Sinn? Ein tolles Haus? Eine exotische Urlaubsreise? Ein tolles Auto? Zumindest die Werbung arbeitet hier mit solchen Bildern.

„Die Freiheit nehm ich mir!“ – Die Fastenzeit wird einem bei diesem Werbeslogan wohl kaum in den Sinn kommen. Und doch: Genau dazu will uns der heutige Aschermittwoch einladen: „Die Freiheit nehm ich mir!“

Ich darf mir die Freiheit nehmen, 40 Tage lang vor allem auf mich und mein Leben zu schauen. Das soll das wichtigste in dieser Zeit sein. Ich darf mir die Freiheit nehmen, mich und mein Leben ernst zu nehmen. Wer bin ich? Wie lebe ich? Was tut mir gut? Bin ich wirklich der Mensch, der ich sein will und sein kann?

Jesus selber lädt mich im heutigen Evangelium ein, alle Bereiche meines Lebens einmal bewusst anzuschauen.

Wenn Jesus vom Almosengeben spricht, ist das nicht nur eine Einladung zur Großzügigkeit. Er fragt mich auch: Wie gehe ich generell mit anderen um? Lasse ich Menschen neben mir genug Raum zum Leben? Bin ich respektvoll, so wie es auch von ihnen erwarte? Bin ich bereit, den ersten Schritt zu tun, wenn es Streit gab? Lebe ich als Mensch unter Menschen?

Ähnlich ist es, wenn Jesus heute vom Gebet spricht. Da geht es nicht um rein äußerliche Frömmigkeitsübungen. Da geht es nicht um irgendwelche auswendig gelernten Formeln, die nur rezitiert werden sollen. Er fragt mich: Hast du wirklich eine persönliche Beziehung zu Gott? Lebst du mit ihm nicht nur äußerlich? Lässt du ihn tief in dich hinein? Hat er eine echte Bedeutung für dein Leben?

Und schließlich steht am Ende mit dem Fasten die schwierigste aller Fragen Jesu an mich: Wie gehst du mit dir selber und mit deinem Leben um? Lebst du so, dass es dir wirklich gut geht dabei? Was brauchst du wirklich für dich und dein Leben? Was schleppst du tagtäglich mit, obwohl du weißt, dass es nur Kraft kostet, dass es dir nicht gut tut? Hast du den Mut, dich fastend hier von manchem loszusagen, dich von manchem zu befreien?

 

Meine Lieben,

„Die Freiheit nehm ich mir!“ – Die Freiheit für alles das will mir diese 40-tägige Fastenzeit geben. Vielleicht kann ich dann eine Erfahrung machen, ähnlich der, die Phil Bosmans einmal so beschreibt:


Versöhne dich mit dem Leben

 Um ein bisschen glücklich zu sein, ein bisschen Himmel auf Erden zu haben, musst du dich mit dem Leben versöhnen, mit deinem eigenen Leben, wie es nun einmal ist.

Du musst Frieden machen mit deiner Arbeit, mit den Menschen um dich herum, mit ihren Fehlern und Schwächen.

Du musst froh sein mit deinem Mann, mit deiner Frau, auch wenn du jetzt vielleicht weißt, dass du nicht den idealen Mann, nicht die ideale Frau getroffen hast. (Glaube nicht, dass es so etwas gibt.)

Du musst Frieden machen mit den Grenzen deiner Brieftasche, mit deinem Gesicht, das du dir nicht ausgesucht hast, mit deiner Wohnung und mit deiner Kleidung, mit den Bedingungen deines Lebens, auch wenn es der Nachbar viel besser hat (meinst du).

Versöhne dich mit dem Leben. Du steckst in deiner eigenen Haut, in einer anderen Haut kannst du nicht mehr geboren werden.

 

Aus: Phil Bosmans, Vergiss die Freude nicht, Freiburg u.a.: Verlag Herder 1978.

(Foto: Pfarrbriefservice.de)

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