Pfarrbrief

2 Aus dem Tagebuch eines ratlosen Engels Gedanken zum Advent im Coronajahr 2020 Im Tagebuch des ratlosen kleinen Engels, der letztes Jahr zu einer Mutter im Advent geschickt wurde, war zu lesen: Habe mich bei ihrem Anblick heute Morgen erschreckt. Sie sieht müde aus. Hat dunkle Ringe unter den Augen. Kein Wunder, sie hat die halbe Nacht gebacken. Zimtsterne und Vanil- lekipferl. Musste unbedingt sein ihrer Meinung nach. Weil alle sa- gen, dass ohne Zimtsterne und Vanillekipferl im Advent etwas Wesentliches fehlt. Möchte wis- sen, von wem sie das haben? Wie all das andere, was auf ihrer Advents-To-do-Liste steht: Fens- ter putzen, Haus auf Hochglanz bringen, Lichterketten im Garten drapieren, Kinderpunsch kochen für Kind 3 zur Adventsfeier im Kindergarten, Wichtelgeschenk für Kind 2 zur Adventsfeier be- sorgen, Engelkostüm nähen für Kind 1 für weihnachtlichen Theaterauftritt. Theaterauftritt in Schule besuchen. Noch fehlende Geschenke kaufen. Bereits gekaufte Geschenke in häuslichen Verstecken wiederfinden. Geschenke einpacken. Essensplan für die Feiertage erstellen, wenn möglich vorkochen. – Hab auf Seite 3 der To-do-Liste aufgehört zu lesen. Stattdessen Ehemann zu ihr geschickt zwecks Helfen. Scheiterte, da ihr die Erledigung der Aufgaben nicht gut genug war. – Ließ sie einen kleinen Schwächeanfall erleiden, den sie jedoch mit „Geht schon wieder“ quittierte. – Schickte ihr eine Karte mit Engel und „Besinnliche Adventszeit“ drauf, die nun an der Pinnwand hängt (inzwischen unter dem Terminplan für die Adventsfeiern von Kind 1, 2 und 3). – Hab Stromausfall provoziert, damit Stille einkehrt. Hatte jedoch vergessen, dass sie für alles einen Plan B hat. – Was muss eigentlich noch passieren, dass sie zur Besinnung kommt? * Ein Stückweit können sich wohl viele in dieser Mutter und ihrem fast schon verzwei- felten Schutzengel wiederfinden. Oft ist der Advent keine „staade Zeit“, sondern gleich eher einem „Hetzen von Besinnung zu Besinnung“ nebst kalorienreichem Rahmenprogramm. Heuer aber ist vieles anders…