„Kehrt um!“ – Gedanken zum 3. Sonntag im Jahreskreis (M. Witti)

Nur wer Sackgassen erkennt, kann rechtzeitig umkehren.
Nur wer Sackgassen erkennt, kann rechtzeitig umkehren.

Meine Lieben,

ein Kollege von mir soll einmal folgenden weisen Satz geprägt haben: „Salz lässt sich nicht salzen. Schmalz lässt sich nicht schmalzen. Ein Lehrer lässt sich nicht belehren und ein Pfarrer lässt sich nicht bekehren.“

Über den ehrbaren Stand der Lehrer will ich mir kein Urteil erlauben, aber was die Pfarrer angeht, hat dieser Spruch wohl Recht. Wer quasi „berufsmäßig“ ständig andere bekehren will, der tut sich selber oft noch viel schwerer damit, Fehler einzusehen, umzukehren, neue Wege einzuschlagen.

Ohne dass ich von mir selber jetzt ablenken will, möchte ich diese Erkenntnis aber auch auf unsere Pfarrgemeinden erweitern.

„Das war hier schon immer so!“ – „Das hat es bei uns ja noch nie gegeben!“

Böse Zungen behaupten, dass sie mit diesen beiden Sätzen jede Sitzung und Diskussion im kirchlichen Bereit prächtig meistern könnten, egal in welchem Gremium, in welcher Gruppe oder in welchem Verein. Hauptsache alles bleibt so, wie man es gewohnt ist, wie es einem von Kindesbeinen an vertraut war, wie man es immer schon gemacht hat.

Das könnte auch ewig so schön weitergehen, würde uns nicht Jesus im Evangelium auch heute wieder einen gehörigen Strich durch diese Rechnung machen:

„Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!“

Allzu schnell sind wir dann aber wieder bei jenem Spruch vom Anfang: „Salz lässt sich nicht salzen. Schmalz lässt sich nicht schmalzen. Ein Lehrer lässt sich nicht belehren und ein Pfarrer lässt sich nicht bekehren.“

Wir Pfarrer – und auch wir alle als Kerngemeinde einer Pfarrei – fordern von den anderen, von „denen da draußen“, nur allzu gerne, dass sie „umkehren“ sollen. Das heißt dann meist, dass sie hierher zu uns in die Kirche kommen sollen und möglichst alles so machen sollen, wie wir es auch tun, denn „bei uns war das ja schon immer so…“

Ich glaube aber nicht, dass Jesus das so gemeint hat. UMKEHR habe nicht ich beim andern anzumahnen. UMKEHR, das muss bei mir selber beginnen, bei mir als Pfarrer, der hier großmächtig Gottes Wort verkünden will, bei uns allen als Pfarrgemeinde, die wir in der Welt von heute Gott spürbar machen sollen.

Da wird es dann aber plötzlich schwierig. Da hilft es auch nichts sich in Ausflüchte zu stürzen und zu sagen: „Das darf man nicht so wörtlich nehmen… Das passt schon, wie wir das tun…“

Jesus fordert UMKEHR – zuallererst von dir und mir, von uns als seiner Gemeinde. Diese UMKEHR ist immer etwas radikales, wenn wir etwa auf Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes schauen, die auf Jesu Ruf hin alles stehen und liegen gelassen haben, die ihre ganze bürgerliche Existenz aufgegeben haben.

Meine Lieben,

wohin aber sollen wir umkehren? Welche neue Richtung sollen wir denn einschlagen?

Auch davon war am Ende des Evangeliums die Rede, wie Jesus uns den „neuen Weg“ vorlebt: Er „verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.“

Die UMKEHR, die Jesus fordert, ist also der Blick auf Gott und der Blick auf die Menschen, besonders auf die, die uns am meisten brauchen – und von denen gibt es mehr als genug.

Unsere Landkreise wissen nicht, wo sie heuer die Flüchtlinge aus den weltweiten Krisengebieten menschenwürdig unterbringen können. Eine Zeltstadt auf dem Altöttinger Dultplatz, die wohl einmal als letzte Lösung angedacht war, wäre ein erbärmliches Armutszeugnis vor allem auch für unsere Pfarrgemeinden. Lange schon weiß man, dass eine dezentrale Unterbringung einiger Familie, um die sich dann auch Menschen aus den Gemeinden als Schwestern und Brüder annehmen können, für die Integration und seelische Gesundheit besser wäre, als ghettoartige Massenunterkünfte, zu denen kaum jemand Kontakt hat. Nur die Stiftspfarrei in Altötting konnte sich bisher dazu durchringen. Was haben wir getan?

Oder was ist mit der verschämten oder auch offenen Armut Tür an Tür mit uns? Diejenigen, die bei mir fast wöchentlich an die Pfarrhaustür klopfen, sind ja nur die Spitze des Eisberges. Nehmen wir als Pfarrgemeinde überhaupt war, wer bei uns am Rande steht, wer durchs soziale Netz fäll, wer unsere Schwester oder unser Bruder in Not ist?

Nicht nur den neuen Pfarrgemeinderäten, die wir bald wählen werden, sondern uns alles will ich heute Jesus Wort nahelegen, damit wir als Kirche unter den Menschen glaubhaft sein können:

„Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!“

Amen.

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