Meine Lieben,
Nicht endlos war der Engel Lied,
nicht ewig blieb der Stern dort stehen,
nicht ewig war die Herrlichkeit zu sehen,
auch wir nun nehmen Abschied
vom Glanz der Stillen Nacht,
für uns bereitet,
und gehen heim von diesem Ort.
Himmel auf Erden kam nicht so,
wie wir es gewünscht,
oder gar wie es Hirten erlebt
damals in ihrer Nacht.
Aber ein Ahnen, was da wohl werde,
wenn Himmel und Erde
einander berühren.
Warten nun weiter, Herr,
auf diesen Tag
und sagen Danke
für diesen Glanz der Heiligen Nacht.
Dieses nach-weihnachtliche Gedicht von Herbert Jung hat mich ziemlich nachdenklich gemacht. Was bleibt denn für mich vom Zauber der Heiligen Nacht? Was bleibt von Weihnachten, wenn schon bald nach dem Dreiköngisfest nicht nur die Schulferien enden, sondern auch so wieder der Alltag endgültig Einzug hält?
Viele Christbäume sind schon entsorgt. Viel von der weihnachtlichen Dekoration ist längst wieder bis zum nächsten Weihnachtsfest in Schachteln und Kisten verstaut.
Was bleibt von Weihnachten?
Diese Frage muss sich letztendlich jede und jeder von uns selber beantworten.
Für viele bedeutet Weihnachten zuerst einmal ein paar freie Tage, die der Ruhe und der Regeneration, aber auch dem Zusammensein mit lieben Menschen gewidmet sind.
Hier hilft Weihnachten vielleicht in der Hektik des Alltags ein wenig zurückzuschalten, Abstand zu gewinnen und neue Kräfte zu sammeln. Das alleine ist schon gut und wertvoll.
Wenn es mir gelingt, in dieser Ruhe dann auch meiner eigenen Sehnsucht nachzuspüren, meine religiösen Gefühle zuzulassen, dann noch sogar noch mehr passieren und noch mehr bleiben.
Mir selber geht es so: Wenn ich daheim in meinem Wohnzimmer oder auch hier in der Kirche auf das Kind in der Krippe schaue, dann spüre ich, dass Weihnachten nur der Anfang war, der Anfang eines ganz großen Projektes Gottes mit uns Menschen. Ich nenne es einmal das „Projekt Menschlichkeit“, das gerade an Weihnachten immer neu beginnen kann.
Der große GOTT wurde Mensch, ganz klein, verletzlich, mitten unter denen, für die sonst kein Platz war, am Rande der Gesellschaft. Die Familie erlebte dieses Ausgestoßensein, machte die Erfahrung von Flucht und Asylsuche bis sie nach Jahren eine neue Heimat finden und eine neue Existenz aufbauen konnte.
So wurde Gott Mensch.
Und als das Kind zum Manne geworden war, erzählte es allen, die es hören wollten, wie dieser Gott für uns Menschen sein will: nahe, voller Sorge und Geborgenheit, ein bedingungslos Liebender, der an uns Menschen einen Narren gefressen haben muss.
Ein Gott der Menschlichkeit, der Gewaltlosigkeit, der Gerechtigkeit und des Friedens. Ein Gott, der mit uns Menschen sein Reich in dieser Welt aufbauen will.
Diese Botschaft ist schön anzuhören, aber unbequem, wenn man sie leben will. Sie wurde damals vielen unbequem – und sie ist es bis heute, wenn wir um Asylpolitik oder hemmungs- und gewissenlosen ungezügelten Kapitalismus diskutieren.
Diese Botschaft ist unbequem, wenn man sie leben will. Und der, der als Kind in der Krippe noch so nett und lieb anzuschauen war, ging dann als Mann für diese Botschaft bis in den Tod.
Doch auch das Kreuz konnte ihn nicht töten, konnte die Botschaft von Gottes Reich nicht durchkreuzen.
ER stand als Erster von den Toten auf, sandte uns seinen Geist und sucht bis heute Menschen, die sich für dieses Reich Gottes begeistern können.
Meine Lieben,
Weihnachten, der große Gott im kleinen Kind, war nur der Anfang. Das Projekt Gottes mit uns Menschen, das „Projekt Menschlichkeit“ geht weiter.
Bin ich bereit – über die Feiertage hinaus – diesen Weg mitzugehen?
Amen.