Predigt zum 16. Sonntag im Jahreskreis 2015 – Lesejahr B – Pfr. Michael Witti
Meine Lieben,
„Gott sei Dank sind bald Ferien!“ – „Endlich steht der Urlaub vor der Tür!“ – Das ist dieser Tage oft zu hören. Die Sehnsucht nach ein paar Tage „Auszeit“, nach einem Tapetenwechsel, nach Ausspannen und Kraft tanken, ist bei vielen schier grenzenlos.
Egal ob in der Schule oder im Beruf, ob daheim oder in einem Verein oder Ehrenamt, das Leben scheint für viele immer hektischer oder gar stressiger zu werden. Auch wenn man eine Aufgabe gern macht, kostet es doch oft viel Kraft, gerade dann, wenn man mit ganzen Herzen bei der Sache ist.
Da braucht es dann auch immer mal wieder Zeiten, in denen man neu auftanken und frische Kräfte sammeln kann. Kein Mensch kann immer nur geben, immer nur für andere da sein. Ab und an muss man auch ein wenig auf sich selber schauen, muss man den Mut haben, es auch mit sich selbst gut zu meinen.
Mir selber geht es ja auch immer wieder so, wenn im Alltag oft gefühlte tausend Dinge zugleich erledigt werden sollen. Da tut es gut, heute zu hören, dass es Jesus und dein Seinen auch nicht anders ging. Auch sie wurden bedrängt mit Wünschen und Forderungen. Auch sie waren offenbar irgendwann an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angekommen. Nicht einmal zum Essen war mehr Zeit.
Da tat Jesus etwas sehr weises. Er sagte zu ihnen etwas, das mir selber auch ab und an gut tut: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“
Der Mensch braucht das. Jesus wollte seine Jünger daran erinnern, ebenso, wie uns heute. Kein Mensch kann immer nur funktionieren, wie eine Maschine. Der Mensch ist vielmehr ein Wesen aus Körper, Geist und Seele und muss immer wieder versuchen, in Zeiten der Ruhe, der Erholung und Besinnung, diese drei Säulen des Lebens in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen.
„Kommt mit an einen einsamen Ort wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“
Diese Einladung gilt heute Dir und mir. Aber sie gilt nicht nur heute oder in den Urlaubstagen, die für viele nun bevorstehen. Es ist vielmehr die weise Einladung Jesu generell ein ausgeglichenes Leben zu führen, Körper, Geist und Seele zu ihrem jeweiligen Recht kommen zu lassen.
Nur wenn ich innerlich im Einklang, wenn mich mit mir selber halbwegs im Reinen bin und mich gut annehmen kann, so wie ich bin, nur dann kann ich auch wirklich offen werden für andere Menschen, für Aufgaben die das Leben stellt, für Gott, der mir mitten im Leben begegnen will.
Meine Lieben,
dafür reichen aber ein paar Urlaubs- oder Ferientage alleine nicht. Da braucht es vielleicht auch bei mir immer wieder eine ganz neue und bewusstere Lebenskultur. Hier kann gerade uns modernen Menschen ein Blick in die christliche Spiritualität helfen:
Der hl. Franz von Sales etwa rät seinen frommen Seelen, über den Sonntag hinaus sich jeden Tag eine halbe Stunde zu besinnen und bewusst auf Gott zu horchen. „Außer“ – so sagt er dann – „außer sie haben sehr viel zu tun, dann ist nicht eine halbe, sondern eine ganze Stunde notwendig.“
Das entspricht übrigens in etwa der modernen Management-Beratung, die den stressgeplagten und überarbeiteten Managern folgendes rät: „Sollten sie vor lauter Arbeit keine Zeit mehr haben, nicht einmal zum Essen, und nicht mehr wissen, ob sie das oder jenes zuerst tun sollen, dann machen sie am besten ein paar Tage Urlaub.“
Natürlich funktioniert dieses „christliche Antistressprogramm“ nicht immer – nicht einmal bei Jesus und seinen Aposteln – das Anliegen ist aber trotzdem berechtigt, auch heute für Dich und für mich:
„Kommt mit an einen einsamen Ort und ruht ein wenig aus.“
Amen.
(Foto: pfarrbriefservice.de)