„Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt…“ – Ja, welche Früchte bringen SIE denn so? Ich habe manchmal den Eindruck, dass das – gerade auch für Christen – eine der schwierigsten Fragen überhaupt ist. Welche Früchte bringen SIE denn so? Wir sind ja sowas von bescheiden, dass jemand, der vom Christentum sonst keine große Ahnung hat, fast meinen könnte, ein „normaler“ Christ – respektive eine „normale“ Christin – würde fast schon mit einem angeborenen oder zumindest doch anerzogenen Minderwertigkeitskomplex durchs Leben gehen. Fragen Sie doch einfach einmal jemanden so nach den Früchten, die er als Christ oder sie als Christin im täglichen Leben so bringen…
Da sagt dann der erste: Ich bin ja nur ein kleiner Büroangestellter. Ich sitz nur am Telefon oder über meinen Akten und verwalte. Die nächste wiederum antwortet: Ich bin Hausfrau. Ich putz doch bloß, kümmere mich um die Kinder und das Haus. Und was weiß ich, was sonst noch alles für bescheidene Antworten kommen würden. Vielleicht müsste ich aber bei so einer Frage den Menschen auch einfach ein wenig mehr Zeit zum Nachdenken geben.
Dier Versicherungskaufmann erinnert sich dann vielleicht an das Dankschreiben, das er bewusst in seiner Schreibtischschublade aufhebt. Ein Kunde, der bei einem schweren Wasserschaden fast den ganzen Hausstand verloren hat, hatte es ihm vor Jahren geschrieben. Er hatte sich bedankt, weil er gleich für ihn da war und ganz unbürokratisch den Schaden reguliert hat. Seither erinnert sich der Mann an seinem Schreibtisch immer wieder einmal daran, dass er nicht nur Zahlen hin und her schiebt, sondern dass er für Menschen da ist, für Menschen mit ihren Lebensgeschichten, Schicksalen und Hoffnungen. Genau diese Beziehungen, die wir oft viel zu gering einschätzen, sind meist die kostbarsten Früchte eines Lebens. Das gilt für Männer und oft vielmehr noch für Frauen.
Ich denke da aber auch zum Beispiel an eine Mutter. Der Sohn macht gerade eine Ausbildung und sie ist mächtig stolz auf ihn. Sein Bild steht neben einem Blumenstock auf einem Kästchen, fast wie auf einem kleinen Hausaltar. Sie ist einfach dankbar, dass sie es 17 Jahre lang allein geschafft hat, ihn zu ernähren, ihn zu trösten, wenn er als Kind nachts aufgewacht ist, ihn als Kleinkind zu waschen, zu wickeln, anzuziehen, ihn zu pflegen, wenn er krank war, ihn später zu loben und auch einmal zu kritisieren, wenn es nötig war, ihn zu lenken und ihn zu fördern, ihn dann auch nach und nach selbständig werden zu lassen…
Jetzt überragt er sie schon um Haupteslänge, steht vielleicht manchmal noch etwas unsicher, aber dennoch lächelnd im Leben.
Meine Lieben,
wenn Sie – ähnlich wie jener Kaufmann oder jene Mutter – eine wichtige Frucht ihres Lebens heute hier auf den Altar stellen sollten, welches Symbol würden Sie bringen? Wahrscheinlich fallen ihnen jetzt die vielen Früchte ihres Lebens nicht gleich alle ein. Aber ich weiß, jede und jeder von ihnen hat viele solcher Früchte, die er und sie im Leben gebracht hat. Es sind wirkliche Früchte des Lebens und keine Selbstverständlichkeiten, auch wenn wir sie – meist aus falscher Bescheidenheit – oft so nennen. Vielleicht nehmen Sie sich heute einmal in einem ruhigen Augenblick ein wenig Zeit und denken über die tatsächlichen „Früchte“ Ihres Lebens nach. Und vielleicht hören sie dabei tief in sich selbst Jesu leise Stimme, wie ER zu Ihnen sagt:
„Du bist nie getrennt von mir, denn gerade dein Leben bringt so viele gute Früchte…“
Amen.