Predigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis 2014 – Lesejahr A
Liebe Schwestern und Brüder,
trafen sich drei Pfarrer, um das Problem der Fledermäuse in ihren Kirchen zu besprechen. Der erste hat die Viecher mühselig eingefangen und einige Kilometer entfernt wieder ausgesetzt. Aber nach einigen Tagen flatterten sie schon wieder durch den Kirchenraum. Der zweite ging mit dem Gewehr auf sie los, aber der Erfolg beschränkte sich auf klirrende Fenster und zerschossenen Stuck. Der dritte schließlich hat es geschafft. Er hat jedes der Tiere getauft und gefirmt und fortan waren sie nie mehr in der Kirche zu sehen.
Wie wahr, mag man da denken, nie mehr wieder waren sie in der Kirche gesehen, viele unserer Getauften und Gefirmten. Und eigentlich müsste in einem Kreise wie dem unseren hier nun das große Lamentieren angehen, wie schlecht doch das alles sei und dass es denn Menschen doch viel zu gut gehe und sie deshalb die Kirche und den Glauben ganz vergessen. Allzu oft reagieren Christinnen und Christen auch genau so und ziehen sich fast beleidigt in die eigene Kirchenbank zurück. Aber da macht uns dann das heutige Evangelium einen gehörigen Strich durch die Rechnung.
Denn eigentlich erging es dem König im heutigen Gleichnis ja auch nicht viel anders, als vielen Seelsorgern und engagierten Gemeindemitgliedern. Ein Fest steht an, die Gäste sind längst eingeladen und der König will sie nochmals eigens rufen und abholen lassen – aber niemand will kommen. Nichtsdestotrotz schickt er nochmals Boten los, um ihnen schon geradezu den Mund wässrig zu machen mit dem fertigen Mahl und dem geschlachteten Ochsen, aber wiederum folgt niemand dieser Einladung.
Ist es bei uns nicht oft ähnlich? Viele engagierte Haupt- und Ehrenamtliche strampeln sich tagaus tagein ab, damit hier immer wieder ein lebendiges Fest des Lebens, des Glaubens und der Hoffnung gefeiert werden kann – aber niemand will kommen. Der Aufwand, den wir in der Seelsorge und in der Gestaltung der einzelnen Gottesdienste und Feiern mit hoher Professionalität betreiben, ist wohl so groß wie kaum einmal zuvor, die Terminflut im Pfarrverband ist gerade für uns Hauptamtliche oft genug erdrückend – aber die Bankreihen werden nicht voller, im Gegenteil, sie lichten sich immer noch. Das ist frustrierend und in manchem und in mancher mag eine ähnliche Wut aufsteigen, wie in jenem König, der die Stadt der Mörder voller Zorn in Schutt und Asche legen ließ.
Nach unseren Maßstäben könnte die Geschichte damit dann enden, dass das Fest ausfällt und der König, zwar mit gestillter Rachsucht, aber dennoch reichlich frustriert, alleine da hockt. Zumindest im Leben mancher Kirchengemeinden endet dann alles in dieser Stimmung.
Aber nicht so in Jesu Gleichnis: Der König versinkt nicht in Frust und Ärger, sondern er geht ganz neue, unkonventionelle, aber höchst erfolgreiche Wege, die auch uns zu denken geben könnten:
„Geht hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein.“
Und da geschieht dann das wunderbare:
„Die Diener … holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.“
Schwestern und Brüder,
wäre das nicht auch für uns ein wunderbares Rezept gegen manchen Kirchenfrust bei uns hier? Was würde wohl geschehen in unserer Kirche, in unseren Gemeinden, wenn wir nur endlich aufhören würden zu jammern und zu schimpfen und es dafür so, wie jener König machen würden? Was würde sich alles ändern, wenn wir nicht mehr nur hier säßen und warteten, dass die Leute zu uns kommen, sondern wenn wir selber auf die Straßen und Plätze unserer Zeit gehen würden, um die Menschen einzuladen, ihr Leben im Licht der Frohen Botschaft neu zu entdecken?
Gut, ich bin realistisch genug, um das nicht absolut wörtlich zu nehmen, denn als Wanderprediger in der Fußgängerzone wäre mir wohl auch kein großer Erfolg beschieden.
Was in der biblischen Sprache die „Straßen“ waren, das sind heute oft andere Orte und Institutionen, an denen wir die Menschen erreichen: die modernen Medien, von der Presse über den Rundfunk und das Fernsehen, bis hin zum Internet; das sind die Versammlungen derer, die um ihren Arbeitsplatz fürchten; das sind die Orte des geselligen Beisammenseins, an denen ich nicht selten die tiefgreifendsten Seelsorgs-Gespräche habe, u.v.m.
Wenn wir als Kirche, vor allem aber wir als Gemeinde, noch mehr lernen, dort, mitten im Leben, den Menschen unserer Tage einladend zu begegnen, ohne sie lange in Gute und Böse einzuteilen, dann werden auch wie jene Erfahrung machen können, die dem König beschieden war, dann füllt sich auch unser Festsaal mit Gästen.
Amen.
(Foto: Pfarrbriefservice.de)