Festpredigt von Pater Nelson Parakkadath zum Heiligkreuzer Erntedankfest
„Unser tägliches Brot gib uns heute“, so beten wir im Vaterunser. Meist denken wir uns nicht viel dabei. Denn wir haben ja alle zu essen. Im Supermarkt gibt es doch alles zu kaufen. Und es ist auch nicht mehr wie in früheren Zeiten. Wenn es da bei uns eine Missernte gab, mussten die Leute hungern und verhungern. Heutzutage werden fehlende Lebensmittel einfach importiert. Von daher hat sich bei uns eine Sorglosigkeit im Umgang mit Lebensmitteln breit gemacht! Tonnen von Lebensmitteln landen heutzutage im Müll, obwohl sie noch brauch-bar wären. Diese Wegwerf-Mentalität ist eine Sünde! Haben wir uns einmal Gedanken darüber gemacht, dass unser Wohlstand ein Geschenk ist? Es war eben nicht immer so. Außerdem gibt es keine Garantie, dass es immer so bleibt. Ich möchte hier niemand Angst machen. Aber es gibt viele Länder auf der Welt, wo man immer noch Hunger leiden muss! Und wie es bei uns weitergeht, weiß kein Mensch.
Wir leben so, als hätten wir alles im Griff. Man hat manchmal den Eindruck, als könnten wir alles machen. Man spricht vom „Machbarkeitswahn“. Und doch sind wir von einer höheren Macht, nämlich Gott, abhängig. Daran denken heute die wenigsten. Deswegen wird auch heute kaum mehr ein Tischgebet gesprochen, in dem man Gott für das tägliche Brot dankt. Alles, was wir sind und haben, verdanken wir anderen. In meiner Heimat betet die ganze Familie zusammen jeden Tag vor dem Abendessen Rosenkranz und liest ein Bibeltext und singt ein Marienlied. Das ist eine Danksagung für jeden Tag an Gott. Niemand hat sich selbst geschaffen, niemand ist Herr über sein Leben, über Gesundheit und Wohlergehen. Da helfen auch keine überflüssigen Sorgen. „Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern?“ sagt Jesus (Mt 6,27). Unser ganzes Leben ist in Gottes Hand. Das dürfen wir nie vergessen. Und wenn es uns gut geht, wenn wir zu essen haben, wenn wir gesund sind, müssen wir dem Herrn über Leben und Tod dafür dankbar sein. Denn nur er allein bestimmt letztlich über uns. Und wenn es uns nicht so gut geht, wenn uns Krankheiten, Not oder gar der eigene Tod oder der eines lieben Angehörigen oder Freundes treffen – auch dann sind wir in Gottes Hand!
Erntedank! Das Fest soll uns neu darauf aufmerksam machen, dass es einen gibt, dem wir alles verdanken. Es soll uns zu Lob und Dank anspornen, damit wir wieder neu sehen, wie sehr wir alles der Liebe Gottes verdanken. Wir Menschen können säen; aber ob der Same auch aufgeht, ob er auch Frucht bringt – das hat man nicht im Griff. Das weiß jeder Landwirt. So ist es aber auch in unserem Leben. Daran sollen uns auch die Feldfrüchte erinnern, die in den meisten Kirchen zum Erntedankfest vor dem Altar niedergelegt werden. Sie sollen uns daran erinnern, dass alles ein Geschenk Gottes ist, ja, dass wir selbst ein Geschenk Gottes sind. Er hat uns gewollt, er hat „ja“ zu uns gesagt, zu jedem und jeder. Er ist unser Vater, der uns liebt. Ihm können wir vertrauen, in guten wie in schlechten Zeiten. Wir sind in seiner Hand. Darum sollen wir ihm heute dankbar sein, dankbar sein für unser Leben, für Gesundheit, für gute Menschen, die uns zur Seite stehen, dankbar für den Wohlstand, der uns unverdient geschenkt ist, dankbar überhaupt für alle guten Gaben. „Dank sei dir, o Herr, dass du immer für uns da bist“. Amen.
(Text: P. Nelson Parakkadath CMI/Bilder: Limmer)