Teil 6: „Folge mir nach“ – Predigt von Bischof Stefan Oster in Rom

Predigt von Bischof Dr. Stefan Oster beim Passauer Abschlussgottesdienst der Ministrantenwallfahrt in Rom

_DSC0679Liebe Ministrantinnen und Ministranten,

wir haben heute, am Gedenktag des heiligen Dominikus ein Evangelium gehört, das für uns alle eine große Herausforderung ist. Auch für mich als Bischof, und auch für die Priester und die Ordensleute, einfach für alle, die Jesus nachfolgen wollen. Ich will es nochmal kurz nacherzählen und in Erinnerung rufen. Jesus zieht nach Jerusalem: Er hatte kurz vorher seinen Jüngern schon angekündigt, dass ihn dort Schlimmes erwarten wird: Er werde vieles erleiden, er werde verworfen und getötet werden. Aber er werde auch auferstehen am dritten Tag. Die Jünger waren bestürzt und das mit der Auferstehung das verstanden sie jetzt noch gar nicht. Wie sollten sie auch. Aber nun heißt es von Jesus, dass er sich entschlossen hat, eben dorthin zu gehen, in seine Stadt, in die Stadt, zu der Gott so eine besondere Beziehung hat – im Wissen, es wird schlimm. Aber er geht, weil er seinen Weg in dieser Welt entschieden zu Ende gehen will. Und jetzt, in dieser Situation, kommen ihm nacheinander drei Leute entgegen. Der eine sagt: Ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Und Jesus antwortet: „Sogar Füchse und Vögel haben Höhlen und Nester, aber der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ Was will er damit sagen? Dass er nie geschlafen hat? Nein, ich denke, er will wohl Folgendes sagen: „Wenn du mir nachfolgen willst, dann wird es nicht einfach bequem. Es geht im Weg mit mir nicht darum, ein möglichst bequemes Leben zu haben. Es geht darum, zu leben und zu bezeugen, dass es Gott gibt, und dass er da ist, mitten unter uns. Und es geht darum, zu zeigen, dass dieser Gott unsere eigentliche Heimat ist.“ Jesus ist jetzt schon in dieser Welt schon innerlich ganz beim Vater zu Hause und er weiß, dass sein Weg nach Jerusalem ihn trotz des Leidens auch heim zum Vater führt. Die Frage an den jungen Mann ist also: Willst du mitgehen? Willst du Dich auf das Abenteuer Gott einlassen? Dann wird es spannend und tief und froh machend, aber es wird nicht einfach und vor allem nicht bequem. Die anderen beiden Geschichten bestätigen, das noch einmal. Zu einem anderen sagt er: „Folge mir nach!“ Und der sagt: „Mach ich, aber vorher muss ich noch meinen Vater beerdigen.“ Jesus sagt: „Lass die Toten ihre Toten begraben.“ Und bei einem dritten ist es ähnlich. Der sagt: „Ich geh mit Dir, will aber erst noch daheim Abschied nehmen.“ Jesus sagt: „Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmal zurückschaut, taugt für das Reich Gottes.“

Meine Lieben.

_DSC0739Hier sagt Jesus nicht: „Keiner soll mehr die Verwandten beerdigen, wenn sie sterben.“ Er sagt auch nicht: „Verabschiede Dich nicht mehr von Deinen Leuten, wenn Du weg gehst.“ Hier, an dieser Stelle geht es um was anderes: Jesus schaut den Menschen ja immer ins Herz und er spürt wohl in ihnen etwas wie Zögern, eine Frage wie „Was ist jetzt grad eigentlich wichtiger“, etwas wie „Soll ich überhaupt mit Jesus gehen oder nicht? Sind andere Dinge nicht vielleicht doch besser?“ Sowas spürt er bei den Menschen und das eben in dem Moment, in dem er selbst bei sich eine Entscheidung getroffen hat, in der es bei ihm ums Ganze geht, um Leben und Tod, um den Weg nach Jerusalem – um seinen Weg ans Kreuz. Er geht aufs Ganze – und in so einem Moment, da kann einer, der mit ihm mitgehen will, eben nicht mit halbem Herzen mitgehen und sich fragen: „Ist was anderes jetzt grad nicht genauso wichtig?“ Jemand, der jetzt mit ihm mitgehen will, der kann nicht ein bisschen mitgehen. „Entweder Du bist dabei und dann ganz“, sagt Jesus, „oder Du lässt es, aber halbherzig geht jetzt nicht mehr.“ Im Leben des Heiligen Dominikus gab es einen Moment, da hat er sich ganz entschieden, ganz für Jesus. Er hat sein Leben mit ihm auf eine Karte gesetzt, arm, radikal tief, aber glücklich. Nun, warum erzähle ich die Geschichte für Euch am heutigen Tag? Ich erzähle sie zunächst einmal deshalb, weil ich der tiefen Überzeugung bin, dass unser Gott jeden und jede einzelnen von Euch von ganzem Herzen liebt. Und ich bin sicher, dass Gott wirklich groß denkt von jedem von Euch. Kennt Ihr das? Jede Mutter, jeder Vater neigt dazu, das frischgeborene Baby oder das kleine Kind für das tollste und schönste zu halten, gar kein Vergleich zu allen anderen Babys in der Welt. Bei uns Menschen hat das glaube ich die Natur so eingerichtet. Eltern lieben ihr Baby einfach so sehr, dass sie in ihm schon ganz viel Schönheit und Wunderbares sehen. Und für ein Baby – und das waren wir alle mal – ist so eine Liebe, so ein Großdenken der Eltern von ihm unglaublich wichtig. Eltern denken und lassen ein Kind spüren: „Du bist toll, du bist wichtig, du bist großartig. Es ist einfach wundervoll, dass es dich gibt.“

_DSC0840Liebe Ministrantinnen und Ministranten:

Ich glaube, ganz viele von Euch durften als Kinder auch solches erfahren – und wenn es nicht in Worten gesagt wurde, dann wurde es oft in Gefühlen und Handlungen ausgedrückt. Und vielleicht sind im Erleben solcher Zuwendung auch ganz große Träume gewachsen. Die Eltern oder andere Menschen denken groß von Dir und Du fängst dann auch an von Dir zu denken: „Ich werde auch mal Bundeskanzlerin und kümmere mich um Deutschland. Oder ich werde mal ein toller Fußballer und spiele Bundesliga, oder ich gehe nach Afrika und kümmere mich um Kinder, deren Eltern an Aids gestorben sind. Oder ich lerne ein Musikinstrument und werde das mal so gut können, dass ich große Konzerte geben kann.“ Das sind Kinder- und Jugendträume, die oft auch deshalb wachsen, weil andere Menschen, vor allem die Eltern an die Kinder glauben. Weil sie sagen: „Ich trau Dir das zu, Du bist toll.“ Und natürlich wisst Ihr nun alle, dass nicht jeder Bundeskanzler oder Profisportler wird. Und natürlich wisst Ihr inzwischen auch, dass mancher Wunsch vielleicht etwas zu egoistisch ist und vielleicht gar nicht realistisch. Und dann werden manche Visionen korrigiert, sie verwandeln sich und gehen vielleicht in eine Richtung, die tiefer aber ehrlicher ist. Zum Beispiel der Traum vom Fußballstar. Es ist recht idealistisch und auch manchmal egoistisch oder selbstverliebt, von allen bejubelt werden zu wollen. Aber wenn an solchen Wünschen auch etwas Wahres dran ist und Du wirklich ein passabler Fußballer bist: Vielleicht behältst Du Dir dann wirklich Deine Freude am Spiel, vielleicht reicht es nicht zum Profi, aber Du wirst vielleicht einmal ein toller Trainer für Kinder und Jugendliche, die von Dir lernen, wie man spielt und vor allem, wieviel Freude das Spiel macht. Dann ist aus Deiner inneren Vision dennoch etwas geworden, geerdet vielleicht und verwandelt, aber dennoch wirklich groß und schön. Und ich finde es nun wichtig, dass in Dir eine Vision von Deinem Leben _DSC0747wächst, eine Vision, die innerlich verbunden ist mit dem, was Gott Dir geschenkt hat, mit deinen Talenten und Gaben und mit dem, was er in dir noch heraus lieben will. Es ist nämlich so: Was vielleicht am Anfang die Eltern über ihr Kind an Großem denken und wie sie es lieben, das ist im Grunde nur eine Art Vorgeschmack von dem, was Gott Dir zeigen will, wie er dich liebt und formen will und wie er dein Leben groß machen will. Er, unser Gott, schaut Dich mit liebenden Augen an und sagt: Maxi oder Helene oder Karin oder Johannes oder wie Ihr heißt. Er sagt: „Du bist wunderbar. Ich liebe Dich, als wärst Du mein einziges Kind auf der Welt. Ich hab Dich ja gemacht.“ Freilich sagt Gott auch: „In dieser Welt ist längst nicht alles ok. In der Welt gibt es Sünde und Krieg und Ungerechtigkeit und oft gibt es auch in Dir ungute Dinge. Aber das habe ich, Dein Schöpfer, nicht gemacht und nicht gewollt. Es ist entstanden, weil die Menschen sich egoistisch von mir lossagen wollten. Ich habe aber meinen Sohn Jesus in die Welt gesandt, der Dir von neuem zeigen soll, wie wertvoll du bist, wie großartig, wie wunderbar,“ sagt Gott. Und Gott sagt: „Ich denke groß von Dir. Ich denke, in Dir gibt es etwas, was wirklich zum Vorschein kommen will, was sich wirklich entfalten will. Ich will das Beste aus Dir herausholen, damit Du es für mein Reich einsetzen kannst.“ Und er sagt: „Ich verspreche Dir, wenn Du dieser Spur folgst, dann wird Dein Leben frei und froh und groß in meinen Augen.“

Und jetzt, meine Lieben, gehen wir noch einmal zurück zur Szene des Evangeliums: Jesus hat auf dem Weg nach Jerusalem einen Mann angesprochen und ihm gesagt: Folge mir nach. Ich habe gesagt: Er sieht den Menschen ins Herz und er sieht im Herz dieses Mannes: „Der hat es in sich, der hat es in sich, heute wirklich mit mir und für mich aufs Ganze zu gehen. Er hat eine Seite in sich, die mitgehen will.“ Und der Mann zögert und sagt: „Ich muss erst zu einer Beerdigung meines Vaters.“ Darauf _DSC0870Jesus: „Jetzt in diesem Augenblick kommt es darauf an, zu ergreifen, was ich Dir zutraue und zumute. Du geh mit mir und dann geh weiter und verkünde das Reich Gottes.“ Liebe Ministrantinnen und Ministranten: Ist es nicht unglaublich groß, dass Jesus diesem Menschen zutraut, jetzt in dieser entscheidenden Stunde mit ihm zu gehen? Aufs Ganze zu gehen. So dass in dem Mann dann auch all sein Mut und seine Entschlossenheit zum Vorschein kommen kann, so dass er dann in Jesus wirklich ein Ziel hat, für das es sich ganz zu leben lohnt. Mich berührt das jedenfalls sehr. Und ich möchte Euch zum Schluss dieser Predigt drei Dinge mitgeben: Erstens vertraut darauf, dass Gott euch wirklich kennt und liebt, mitten in allem, was ihr sonst erlebt in dieser Welt, an Schönem und oft auch an weniger Schönem. Vertraut darauf, dass Gott Euch liebt und dass er groß von Euch denkt. Von jedem und jeder einzelnen. Zweitens: Wenn Ihr in Eurem Herzen spürt: Ja, dafür lohnt es sich zu leben, dann folgt dieser Spur. Es wird dann immer wieder so sein, dass das auch korrigiert wird, dass es realistischer wird, sich verändert. Aber die Veränderung – wenn sie richtig läuft – die bewirkt, dass unsere egoistischen Anteile gereinigt werden und die Gottesanteile dieser Vision besser zum Vorschein kommen. Daher lasst nicht los von eurem Traum, nur weil er sich nicht eins zu eins nach eurem Kopf verwirklicht. Es ist wichtiger, dass ihr Gottes Traum von Euch erkennen und leben lernt. Und drittens: Es kann sein, dass in eurem Leben der Zeitpunkt kommt, da ihr herausgefordert werdet von Jesus. Es kann sein, dass es entscheidende Momente gibt, in denen Ihr im Herzen spürt: Jetzt gibt es gerade nichts wichtigeres, als diesem Anspruch zu folgen. Ihr hört ein innerliches „Folge mir nach“ – und dann will ich Euch mit Ihm einladen: Zögert nicht! Geht mit, bleibt mit Jesus verbunden. Wenn Ihr innerlich zu Ihm betet, mit Ihm sprecht, wenn Ihr lernt, Ihn zu lieben, dann ist das der Weg zu einem wirklich glücklichen Leben. Warum? Weil Jesus derjenige ist, der Euch abgrundtief liebt. Also nochmal: Erstens: Gott liebt Dich und denkt groß von DirZweitens: Folge der Vision Deines Herzens, denke zusammen mit Gott auch groß von Dir selbst. Drittens: Wenn Du spürst, Jesus lädt Dich zur ehrlich, zur intensiven Nachfolge ein, dann zögere nicht und geh mit Ihm. Er wird Dein Leben froh machen und tief und frei.

Ihr alle, liebe Ministrantinnen und Ministranten, Ihr alle tut ja jetzt schon einen Dienst für Jesus. Ihr dient Ihm im Gottesdienst. Ich tragt dazu bei, dass sein Kommen in die Welt im Gottesdienst immer neu feierlich begangen werden kann. Vielleicht denkt ihr manchmal nicht daran, dass es wirklich um Jesus geht. Aber je ehrlicher Ihr es tut, desto mehr werdet Ihr spüren dürfen: Er ist auch in Deinem Leben da und geht immer mit. Und Er verlässt Euch nie, nie mehr. Ich wünsche Euch sehr, dass Ihr immer wieder mal vertrauen und spüren dürft, wie sehr Er Euch liebt. Und ich danke Euch allen von ganzem Herzen für Euren Dienst für unsere Pfarreien und unsere Diözese. Amen.

(Text: Bischöfl. Pressestelle/Bilder: Limmer)

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Alyssa Losert

Seit September 24 arbeitet Alyssa in der neuen Waldgruppe in unserem Kindergarten als Erzieherin.

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