GEDANKEN ZUM 1. ADVENTSSONNTAG 2013 (M. Witti)

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GEDANKEN ZUM 1. ADVENTSSONNTAG 2013 (M. Witti)Meine Lieben,
es sind keine heimeligen Adventsgedanken, bei denen einem warm ums Herz werden könnte. Es sind vielmehr harte biblische Worte, die wir heute hier im Gottesdienst hören: „Seid als…o wachsam… Haltet euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet“, so mahnt uns Jesus mit eindringlichen Worten im Evangelium.
Wie dieses „Wachsam-Sein“ und „Sich-bereit-halten“ ausschauen könnte, beschreibt bildhaft Paulus im Römerbrief: „Legt als neues Gewand den Herrn Jesus Christus an.“
ADVENT ist demnach mehr, als Plätzchenduft und holde Glühweinseligkeit. ADVENTUS DOMINI, „Ankunft des Herrn“, ist nur möglich, wenn ich mich selber voll und ganz darauf einlasse.
Was das heißt, und welche sehr konkreten, einschneidenden, für manche wohl auch schmerzlichen Konsequenzen das hat, beschreibt Papst Franziskus in seinem ersten „Apostolischen Schreiben“, das er in der vergangenen Woche veröffentlicht hat. „Evangelii Gaudium“ – „Freude des Evangeliuma“ hat er es überschrieben und er fordert darin nicht weniger, als eine umfassende Neuorientierung unserer Kirche vom einzelnen Gläubigen, über die Pfarreien und Bistümer, bis hinauf zum Papstamt selber.
Franziskus verpflichtet die Kirche darauf, spürbar mehr für Arme, Schwache und Sünder zu tun.
„Raus mit euch!“ heißt der Kern dieser Botschaft an Bischöfe, Priester, Gemeindemitglieder. Geht heraus aus euren bequemen, bürgerlichen Kirchenstrukturen und verkündet das Evangelium an den Rändern der Städte, den Randexistenzen der Gesellschaft, den Armen, Einsamen, Zweiflern. „Mir ist eine verbeulte Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und Bequemlichkeit krank ist“, schreibt Franziskus.
Was hier nötig ist, damit wir als Kirche wieder wachsam und glaubwürdig werden, zeigen einige Themen des 180-seitigen Schreibens:
Reform des Papstamts und Dezentralisierung: Franziskus sagt, es sei notwendig, historisch gewachsene Strukturen anzugehen. „In diesem Sinn spüre ich die Notwendigkeit, in einer heilsamen ‚Dezentralisierung‘ voranzuschreiten.“ Die Reformen sollten auch vor seinem, dem höchsten Amt der Kirche, nicht Halt machen. Die Ortsbischöfe und Bischofskonferenzen sollten mehr Gewicht und Entscheidungsbefugnisse erhalten.
Sakramente: Im Zusammenhang mit der jüngst hitzig geführten Diskussion um den Zugang zu Sakramenten fordert Franziskus eine offene Haltung. Wörtlich schreibt er: „Die Türen der Sakramente dürften nicht aus irgendeinem beliebigen Grund geschlossen werden“. Die Eucharistie sei „nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen.“ – „Besonnenheit und Wagemut“ seien nötig.
Laienbeteiligung und Rolle der Frau: Franziskus fordert in seiner Schrift ein Ende des „ausufernden Klerikalismus“, das Machtstreben der Geistlichen innerhalb der Kirche und stattdessen eine stärkere Beteiligung von Laien. Die „Räume für eine wirksamere weibliche Gegenwart in der Kirche“ müssten erweitert werden, vor allem dort, wo die wichtigen Entscheidungen getroffen würden. Das Männern vorbehaltene Priesteramt stehe nicht zur Diskussion. Es könne allerdings „Anlass zu besonderen Konflikten geben, wenn die sakramentale Vollmacht zu sehr mit der Macht verwechselt wird“.
Kapitalismus: „In der Wurzel ungerecht“ nennt Papst Franziskus unser Wirtschaftssystem. Der Mensch sei nur noch als Konsument gefragt, und wer das nicht leisten könne, der werde ausgeschlossen. Diese Kultur des Wegwerfens habe etwas Neues geschaffen. Die Ausgeschlossenen seien nicht mehr nur Ausgebeutete, sondern „Müll, Abfall“.
Armut und Barmherzigkeit: Das sind zentrale Worte. Die Kirche müsse den „neuen Formen von Armut und Hinfälligkeit – den Obdachlosen, den Drogenabhängigen, den Flüchtlingen, den eingeborenen Bevölkerungen, den immer mehr vereinsamten und verlassenen alten Menschen“ mehr Beachtung schenken.Meine Lieben,
sind wir bereit, diese Herausforderungen in unserer Pfarrgemeinde, in unserem Pfarrverband, anzunehmen? Wollen wir so „wachsam“ sein und den Menschensohn auch mitten unter den Menschen von heute entdecken? Wollen wir Barmherzigkeit zu leben versuchen und so Christus selber anziehen, wie ein neues Gewand?
Ob die „Freude des Glaubens“, von der Franziskus hier schreibt, für die Menschen bei uns erlebbar wird oder eben auch nicht, das entscheidet sich nicht am Papst; das entscheidet sich durch DICH und durch MICH.
„Mach es wie GOTT, werde MENSCH!“
Amen.

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