Predigt zum Hochfest der Apostel Petrus und Paulus am 29. Juni 2014 (M. Witti)
ein Bewerbungsgespräch ist immer eine schwierige Sache. „Was ziehe ich an? Wie trete ich auf? Was werden wohl alles für Fragen kommen?“, so geht es einem Bewerber schon vorher durch den Kopf.
Im Blick auf unsere Kindergärten sitze ich ja immer wieder auf der Arbeitgeberseite, wenn es um eine Bewerbung geht.
Ich schau mir dann intensiv die Unterlagen an und immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich mir schon im Vorfeld ein sehr umfangreiches Bild des Bewerbers oder der Bewerberin mache.
Und dann kommt es eben zu diesem ersten direkten Kontakt und bald zu der großen Entscheidung: Wem gebe ich dann den Vorzug? Nach welchen Kriterien bilde ich mir dann mein endgültiges Urteil? Wie werde ich den einzelnen Kandidaten ebenso gerecht, wie der jeweiligen Einrichtung, die neue Mitarbeiter sucht?
Im Vergleich dazu hat es sich der Herr Jesus seinerzeit recht leicht gemacht. Die Kandidaten für sein großes „Reich-Gottes-Projekt“ hat er einst ganz anders berufen. Und er nahm dabei Leute, für die ich selber mich bei so einem eingehenden Bewerbungsverfahren kaum entscheiden würde. Ein Petrus und ein Paulus hätten bei mir wohl kaum eine Chance bekommen.
Petrus ließ zwar anfangs alles liegen und stehen und folgte Jesus. Später dann war es auch wieder er, der als einziger der Jünger zu Jesus sagte: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ – Und Jesus sagte ihm zu: „Du bist Petrus – der Fels –, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen…“
Aber der gleiche Petrus leugnet dann auch als es ernst wird: „Ich kennen diesen Menschen nicht.“ Und als der Hahn kräht, weint er.
Das ist sein tiefster Fall. Alles wollte er für dieses Jesus tun. Treue bis in den Tod hatte er ihm doch geschworen. Und nun, wo es ernst wurde, da verlässt ihn der Mut genauso, wie all die andern.
Paulus mag aus anderem Holz geschnitzt sein, aber er ist auch nicht besser. Der gebildete und hochangesehene Pharisäer verfolgte die Christen bis aufs Blut. Gotteslästerer waren sie für ihn.
Erst als der vor Damaskus, wo er die Christen ausmerzen wollte, Jesu stimme hört und vom Pferd stürz, wird alles anders. Er landet im Dreck. Er ist plötzlich ganz unten.
Seine Begleiter bemerken, dass er blind ist. Er selber aber spürt nach diesem tiefen Fall, dass er lange schon blind war: blind vor Zorn, vor Selbstgerechtigkeit, vor blindem Fanatismus.
Er ist zutiefst erschüttert und spürt, dass Gott ganz anders ist, als er ihn immer gedacht und gelehrt hat.
Er erkennt, dass Gott nie dort ist, wo Menschen anderen mit Gewalt ihren Glauben und ihren Willen aufzwingen. In seiner Blindheit sieht er es klarer, als jemals zuvor in seinem Leben: Sein bisheriger Lebensweg ist ein einziger Irrweg; ein Weg, der ihn Gott nicht näher brachte. Ein Weg, der nicht Gottes Weg für ihn war.
Paulus, wie ihn die Griechen nannten, bekommt sein Augenlicht wieder. Aber dennoch ist für ihn nichts mehr so, wie es vorher war. Er zieht sich zurück, geht in die Wüste, muss sich dort in der Einsamkeit klar werden, wie sein künftiges Leben aussehen soll.
Schließlich wird er der wichtigste Verkünder des Evangeliums, der sogar die Heiden zu Christus bekehrt.
Meine Lieben,
Ich hätte wohl beiden, dem Petrus, wie dem Paulus, keine Chance gegeben. Ich hätte es beiden nicht zugetraut, dass sie, die untereinander so gegensätzlich und generell so ungeeignet erschienen, doch die wichtigsten Säulen der frühen Kirche werden sollten.
Vielleicht hätte ich auch deshalb so sehr an den beiden gezweifelt, weil sie mir in vielem allzu menschlichen doch auch sehr ähnlich sind. Aber wenn Gott Petrus und Paulus so unglaubliches geschafft hat, dann hat er vielleicht auch heute mit Dir und mit mir etwas vor. Ich selber kann es mir zwar oft nicht wirklich vorstellen, aber im Vertrauen auf Gott will ich beten:
Herr, erwecke deine Kirche neu:
Rüttle mich wie Petrus durch den Hahnenschrei auf,
lass mich offen sein für deinen Auftrag,
stark im Glauben,
mutig im Bekenntnis,
eingetaucht in deine Liebe.
Herr, erwecke deine Kirche neu:
Stoß mich wie Paulus vom hohen Ross der Selbstzufriedenheit,
lass mich offen sein für dein Licht,
stark im Glauben,
mutig im Bekenntnis,
eingetaucht in deine Liebe.
Herr, erwecke deine Kirche neu:
Führe mich an den Abgrund des Lebens,
lass mich offen sein für deinen Halt,
stark im Glauben,
mutig im Bekenntnis,
eingetaucht in deine Liebe.
Herr, erwecke deine Kirche neu –
und vergiss mich nicht.
Amen.