Aus der Not wurde sprichwörtlich eine Tugend gemacht, als heuer am Gründonnerstag und auch am Karfreitag die Feichtener und Heiligkreuzer gemeinsam die Liturgien feierten. Schon zur Feier des Letzten Abendmahls war die Heiligkreuzer Kirche voll besetzt. Der Kirchenchor Feichten hat die Feier festlich umrahmt. Am Altar waren jeweils sechs Vertreter aus jeder der beiden Pfarreien, an denen Pfarrer Michael Witti nach der Predigt die Fußwaschung vollzog. Ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, wie Kirche heute mitten unter den Menschen sein soll. Sehr intensiv war dann auch die Kommunion, die den Gläubigen an diesem Tag bewusst unter beiderlei Gestalt gereicht wurde.
Am Abend des Gründonnerstags beginnen die drei Tage, in denen Jesus seinen Lebensweg vollendet. Die Ereignisse können nicht gegensätzlicher sein. Erfahrungen von Freundschaft gehen mit Verrat einher, der vom Volk verehrte Prophet gerät in die Mühlen der jüdischen und römischen Justiz, das Unglück nimmt seinen Lauf, nur wenige bringen die Kraft auf, Jesus auf dem Kreuzweg zu begleiten.
Am Abend vor seiner Kreuzigung hält Jesus im Zusammenhang mit dem jüdischen Passahfest das rituelle Mahl mit den 12 Aposteln, die für die 12 Stämme Israels stehen. Das Volk gedenkt am Paschafest der Befreiung aus Ägypten und des Durchzugs durch das Rote Meer. Dieses Mahl hat folgenden Ablauf:
– Segenssprüche über den ersten Becher Wein;
– Auftragen der ungesäuerten Brote und der Kräuter;
– Auftragen des Paschalammes;
– Erzählung der Auszugsgeschichte;
– 1. Teil des großen Hallel (Ps 113, 114, 1-8)
– Zweiter Becher;
– Verzehren des Paschalammes mit bitteren Kräutern und ungesäuertem Brot;
– Dritter Becher mit einer Danksagung über das Mahl;
– Vierter Becher mit dem zweiten Teil des Hallel (Ps 115 – 118)
Jesus hat Teile dieses rituellen Mahles, jedoch nicht den zentralen, den Verzehr des Lammes, aufgegriffen und mit einem neuen Sinn versehen. Dabei hat er die Darreichung des Brotes und des (vierten) Bechers mit Deute-Worten verbunden. In der christlichen Fortführung des Mahles wird Jesus selbst als das Lamm gesehen, das am Kreuz geopfert wurde. Der
1. Korintherbrief und die drei synoptischen Evangelien berichten mit etwas unterschiedlichem Wortlaut von dieser Umwidmung des Maholes. Der älteste Text ist der, den Paulus im 1. Korintherbrief zitiert:
„Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leben für euch.
Tut dies zu meinem Gedächtnis.
Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, so oft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis“ (1 Kor 11,23-25)
Jesus hat nicht ein Gedächtnismahl neu gestiftet, sondern ein kultisches Gedächtnismahl umgewidmet. Dabei konnte er an verschiedenen religiösen Inhalten des Paschamahles anknüpfen. Die Theologie zur Zeit Jesu bezieht das Paschamahl auf vier Nächte mit Offenbarungen Jahwes, eine Symbolik, die in der Osternachtsliturgie wieder aufgegriffen wird:
– Nacht der Schöpfung, in der die Welt noch dunkel war;
– Offenbarung an Abraham, Verheißung des Isaak;
– In der dritten Nacht erschlug Jahwe die Erstgeburt Ägyptens, verschonte aber die der Israeliten.
– In der vierten Nacht wird die Welt an ihr Ende gelangen, die Bande der Gottlosigkeit werden zerstört
werden … und der neue Messiaskönig wird kommen.
Dieses Mahl ist als Eucharistiefeier (Katholiken und Orthodoxie) oder als Abendmahl der evangelischen Kirchen bis heute die zentrale Versammlung der Christen. Es wird auch an Werktagen, aber besonders am Sonntag zugleich als Gedächtnis an die Auferstehung Jesu gefeiert. Es ist nicht nur Rückblick, sondern es vergegenwärtigt die damaligen Geschehnisse. Zugleich greift es aus auf die Vollendung der Welt aus. Im Matthäusevangelium sagt Jesus: „Ich sage euch: „Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis zu dem Tag, an dem ich mit euch von neuem davon trinke im Reich meines Vaters.“ (Kap. 26, 28f). Mit dem Mahl wird ein neuer Bund gestiftet, es bewirkt die Vergebung der Sünden und wird so lange gefeiert, bis die Welt vollendet ist. Diese Vollendung wird wieder ein Mahl sein, das Jesus mit den Seinen feiert. Das ist eine Erklärung dafür, dass die Christen bis heute diese Mahlpraxis fortführen, denn die Vollendung der Welt mit dem dann endgültigen Mahl ist noch nicht eingetreten. Auch das jüdische Passahmahl war auf die Zukunft ausgerichtet. Zwar beginnt es mit dem Rückblick. Im Buch Exodus (13,8) heißt es: „An diesem Tag erzähl deinem Sohn: Das geschieht für das, was der Herr an mir getan hat, als ich aus Ägypten auszog.“ Es wird aber auch in Erwartung des Messias gefeiert. Die Christen sehen in Jesus den Gesalbten, den von den Juden erwarteten Messias. Jesus selbst war mit dem Anspruch aufgetreten, eine neue Heilszeit einzuleiten, er kündigte das nahe Hereinbrechen des Reiches Gottes an. Damit ist die messianische Zeit, auf die das Paschamahl ausgreift, bereits angebrochen. Es wird ein „Neuer Bund“ zwischen Gott und seinem Volk gestiftet. Im Korintherbrief heißt es (11,24), ebenso bei Lukas (22,20): „Dieser Becher ist der Neue Bund in meinem Blut.“ Jesus nennt das Brot seinen Leib.
Mit Leib ist das ganze Wesen des Menschen gemeint. Seinen Leib hingeben, heißt dasselbe wie seine Seele hingeben, d.h. „sich selbst“. Im Judentum wird diese Terminologie auf den Märtyrertod angewandt. Vor allem das Mittelalter hat darum gerungen, wie die Gegenwart Jesu in Brot und Wein zu verstehen ist. Schon für die Teilnehmer des jüdischen Mahles galt, daß der Bund eine bleibende Realität ist. Gott hat jeden Israeliten, nicht nur deren Vorfahren, befreit. Gleiches sagen die Christen von Jesus. Nicht nur den Jüngern ist in Brot und Wein die Lebenshingabe Jesu zuteil geworden, sondern allen, die in seine Jüngerschaft aufgenommen werden. Nachdem man im frühen Mittelalter darauf beharrte, es handle sich wirklich um Fleisch und Blut, konnte das Hochmittelalter eine Vorstellung des Aristoteles nutzen, um die Gegenwart Jesu im Brot adäquater zu beschreiben. Die Theologie spricht von Transsubstantiation, die Substanz ändert sich, das äußere Erscheinungsbild von Brot und Wein bleibt. Dieser Vorstellung wurde von der neueren Theologie durch ein symbolisches Denken weiter geführt. So wie eine Fahne ein Stück Stoff bleibt, aber nicht hingenommen wird, daß jemand auf der Fahne herumtrampelt, so ist auch das eucharistische Brot etwas Neues.
Die Bedeutung des Namens „Gründonnerstag“
Die Herkunft des Namens ist nicht völlig geklärt. Er leitet sich möglicherweise von dem mittelhochdeutschen Wort ab, das in den Worten „greinen“ oder „grienen“ noch fortlebt. Es würde sich dann auf die Wiedereingliederung der Büßer beziehen, die als „Weinende“ gesehen wurden. Ihre Entlassung aus dem Büßerstand führte auch zur Bezeichnung „Antlaßtag“. Möglicherweise kommt Gründonnerstag auch tatsächlich von Grün, weil im Mittelalter an diesem Tag grüne Meßgewänder getragen wurden.
Die Glocken verstummen
Das Abschiedsmahl wird in den Abendstunden als feierliche Messe gefeiert. In Abhebung zum Bußcharakter der Fastenzeit und des kommenden Karfreitags wird der Gottesdienst feierlich gestaltet. Es wird das Gloria gesungen, dabei läuten die Glocken, die dann bis zur Osternacht schweigen sollen. Der Volksmund sagt, daß sie nach Rom fliegen. Es werden bis Ostern auch nicht mehr die Schellen benutzt, mit denen die Meßdiener bestimmte Augenblicke im Gottesdienst herausheben. Sie benutzen kleine Holzplatten, auf die ein Holzklöppel montiert ist, so daß damit die Schellen ersetzt werden. Um die Menschen zum Gottesdienst einzuladen, gehen die Meßdiener mit Ratschen durch den Ort.
Fußwaschung: Vorgeschlagen, vor allem für Bischofs- und Abteikirchen, ist die Fußwaschung durch den Bischof, Abt bzw. Priester als Nachahmung des Vorbildes Jesu. Dieser hatte vor dem Mahl seinen Jüngern die Füße gewaschen. Im Mittelalter bildete sich der Brauch heraus, daß der Fürst und sogar der König die Fußwaschung innerhalb des Gottesdienstes vornahmen.
Ölbergandacht:
Nach dem Ende des Gottesdienstes wird das konsekrierte Brot in einer Prozession zu einem Seitenaltar gebracht. Der Hauptaltar wird völlig abgeräumt, es bleibt kein Tuch auf ihm liegen. Die Entblößung des Altars stellt symbolisch die Entäußerung Jesu dar. Die Gläubigen bleiben still oder beten gemeinsam, um des Gebetes und der Todesangst Jesu am Ölberg zu gedenken. Der Tabernakel, in dem das eucharistische Brot aufbewahrt wird, wird manchmal „Heiliges Grab“ genannt. Das geht auf folgenden Brauch zurück: Nach der Kreuzverehrung am Karfreitag wurde das Kruzifix oder nur der Corpus in ein Tuch gehüllt und symbolisch in ein Grab (meist in der Kirche) gelegt. In manchen Gegenden wurde auch konsekriertes Brot in das Grab dazugelegt. Der Gründonnerstag wird in der katholischen Kirche als besonderer Tag der Priester und der priesterlichen Gemeinschaft gesehen, da sich dieses Amt nicht zuletzt durch seinen Bezug zur Eucharistie bestimmt.
Übergang zum Karfreitag
Die Evangelien berichten, daß Jesus nach dem Gebet am Ölberg gefangen genommen wurde. Judas führt die Tempelpolizei an den Ort. Jesus wird noch in der Nacht dem Hohenpriester vorgeführt und muß erleben, daß Petrus ihn verleugnet. Hier zeigt sich der Realismus der biblischen Schriftsteller, den ersten Papst nicht zu schonen.
(Quelle: z.T. kath.de/Bilder: Limmer)