Lesung aus dem ersten Buch der Könige
In jenen Tagen
17erkrankte der Sohn der Witwe, bei der Elija wohnte. Die Krankheit verschlimmerte sich so, dass zuletzt kein Atem mehr in ihm war.
18Da sagte sie zu Elija: Was habe ich mit dir zu schaffen, Mann Gottes? Du bist nur zu mir gekommen, um an meine Sünde zu erinnern und meinem Sohn den Tod zu bringen.
19Er antwortete ihr: Gib mir deinen Sohn! Und er nahm ihn von ihrem Schoß, trug ihn in das Obergemach hinauf, in dem er wohnte, und legte ihn auf sein Bett.
20Dann rief er zum Herrn und sagte: Herr, mein Gott, willst du denn auch über die Witwe, in deren Haus ich wohne, Unheil bringen und ihren Sohn sterben lassen?
21Hierauf streckte er sich dreimal über den Knaben hin, rief zum Herrn und flehte: Herr, mein Gott, lass doch das Leben in diesen Knaben zurückkehren!
22Der Herr erhörte das Gebet Elijas. Das Leben kehrte in den Knaben zurück, und er lebte wieder auf.
23Elija nahm ihn, brachte ihn vom Obergemach in das Haus hinab und gab ihn seiner Mutter zurück mit den Worten: Sieh, dein Sohn lebt.
24Da sagte die Frau zu Elija: Jetzt weiß ich, dass du ein Mann Gottes bist und dass das Wort des Herrn wirklich in deinem Mund ist.
Meine Lieben,
die alte Erzählung, wie der Prophet Elija um das Leben dieses Kindes ringt, so wie wir es in der Ersten Lesung gehört haben, lässt heute ganz eigene Bilder in mir hochsteigen. Es sind Bilder, die mich zutiefst mit Euch Kameraden der Heiligkreuzer Feuerwehr – und anderen beteiligten Kameraden – verbinden.
Wenn Elija alles in seiner Macht stehende versucht, um den Knaben zu retten, wenn er Gott bestürmt, dieses Kind am Leben zu halten, dann sehe ich heute die Bilder jener Unfallnacht am Wäschhauser Berg noch einmal ganz lebendig vor mir. Ihr habt damals Euer Äußerstes gegeben. Ein junger Mann hat noch gelebt, als Ihr ihn aus dem Autowrack geborgen habt. Für den zweiten kam jede Hilfe zu spät. Ihr habt in dieser Nacht alles gegeben. Auch wenn der Tod dann mächtiger war, als alle menschenmöglichen Bemühungen. Mitten in dieser langen Nacht haben wir dann das Gleiche getan, wie der Prophet Elija. Wir sind zusammengerückt, sind uns in dieser Stunde angesichts eines toten jungen Menschen nahe gekommen, mit allem, was uns in diesen Momenten durch den Kopf ging.
Wir haben miteinander gebetet. So konnten wir nicht nur unserer sprachlosen Hilflosigkeit Ausdruck verleihen, sondern so konnten wir auch in all dem Wahnsinn spüren, dass immer noch einer an unserer Seite steht, von dem wir hoffen dürfen, dass all das, was uns in jener Nacht so sinnlos erschienen ist, doch noch in Gottes Namen etwas Gutes haben möge. Und sei es nur der tröstende Gedanke, dass Jesus der Herr, der selber früh einen gewaltsamen Tod gestorben ist, diesem jungen Menschen nun die Hand reichen möge. Unser Beten in jeder Stunde, war wohl nicht nur für mich ein Augenblick zum Luftholen, zum nötigen Innehalten, zum Spüren, dass uns Kraft geschenkt wird, um zu tun, was manchmal kaum mehr zu ertragen ist.
Warum tut Ihr Euch das an? Warum lasst Ihr Euch immer und immer wieder mit schlimmsten Unglücksfällen konfrontieren? Warum haltet Ihr Euch Woche für Woche und Monat für Monat mit unzähligen Übungsstunden „allzeit bereit“, um im Ernstfall alles zu geben? Warum riskiert Ihr immer wieder Eure eigene Gesundheit, manchmal sogar Euer eigenes Leben, um fremden Menschen zu helfen? „Schön blöd“ – So mag es sich mancher denken, der sich beim Heulen der Sirene einfach umdreht und weiterschläft, oder sich womöglich als lästiger Gaffer am Anblick fremden Leidens abartig weidet.
Meine Lieben,
Ihr wisst sehr genau, warum Ihr das macht, auch wenn manch anderer darüber den Kopf schütteln mag. Ihr spürt, dass es im Leben wichtigeres gibt, als die eigene Bequemlichkeit und das eigene gute Fortkommen. Ihr gebt der Solidarität und der Mitmenschlichkeit ein Gesicht. Und Ihr gebt diese Werte auch voller Begeisterung an viele junge Menschen hier unter uns weiter.
Ihr führt dabei nicht nur das Erbe jener Menschen fort, die vor 140 Jahren die Heiligkreuzer Feuerwehr gegründet und sie dann über die Generationen lebendig erhalten haben. Das alleine wäre nur Verklärung der Vergangenheit. Ihr aber lebt dieses Ideal der Solidarität und Nächstenliebe hier und heute. Damit seid Ihr in meinen Augen noch viel mehr, als nur Vorbilder, wie sie unsere Gesellschaft heute vielleicht nötiger denn je braucht. Euer Dienst am Menschen ist gelebtes Evangelium. Euer Dienst gibt dem Glauben an das Gute in der Welt nicht nur ein Gesicht, sondern auch tatkräftig zupackende Hände. Euer Dienst macht Gottes Geist in dieser Welt spürbar.
Wenn ich hier bei diesem Dankgottesdienst darüber nachdenke, was allein hier in Heiligkreuz Feuerwehrmänner und zunehmend auch Feuerwehrfrauen in den vergangenen 140 Jahren geleistet haben – „Gott zur Ehr‘ und dem Nächsten zur Wehr“ – dann gelten auch für Euch alle die Worte, die jene arme Witwe aus Sarepta einst dem Propheten Elija voller Dank gesagt hat:
„Jetzt weiß ich, dass du ein Mann Gottes bist…“
Amen.
(Text: Witti/Fotos: Limmer)